1986 kommt dann ein kleiner Wendepunkt. Jens Seiler, inzwischen in einer Ausbildung, wird Kandidat bei „Wetten dass...?“, kann besonders schnell rückwärts Schreibmaschine schreiben. Was zunächst als Scherz gedacht ist, weil ihm keiner glaubt, dass er sich wirklich bewerben will, wird schon nach vier Tagen Ernst. Ein Anruf und er ist zum Casting geladen. Er gewinnt in der Show seine Wette – und viele Freunde. Plötzlich ist er beliebt. Jens Seiler genießt das und merkt nicht, dass es den wenigsten wirklich um ihn geht: „Damals war das ja noch etwas absolut Sensationelles, da gab es noch kein RTL & Co. – jeder hat mit mir angegeben.“
Er hat sich zwischenzeitlich auf den Weg zu seinem damaligen Traumberuf Parlamentsstenograf gemacht. Natürlich hat er sich die Stenografie zuvor selbst beigebracht. Der Weg ist nicht einfach, doch die Jahre im Krankenhaus haben ihn gelehrt sich durchzubeißen. Beim Landratsamt in Groß-Gerau absolviert er zunächst die Ausbildung zum Stenosekretär, bildet sich danach in Stuttgart zum Europasekretär weiter. Während der eigentlichen Ausbildung zum Parlamentsstenografen lernt er jedoch in einer Mittagspause einen Jongleur kennen. „Der hat mich regelrecht angefüttert auf das Leben“, erinnert sich Jens Seiler. Der Künstler ermuntert ihn auf die Bühne zu gehen. Er macht ihm Mut, mit dem, was er kann, bekannt zu werden, ein Publikum zu finden und Applaus zu bekommen. Jens Seiler beendet zwar noch seine Ausbildung, doch dann geht es los. Er steht zunächst als Zauberer, später dann als Gehirnakrobat auf der Bühne. Die Menschen lieben ihn und endlich bekommt er die Aufmerksamkeit, die er in den ersten 16 Jahren seines Lebens so sehr vermisst hat. In diesen Jahren legt er sich auch seinen Künstlernamen „Jens der Denker“ zu. Mit seiner Gehirn- und Gedächtnisshow steht er weltweit erfolgreich auf der Bühne. Die Anwendung von Mnemotechniken, mit deren Hilfe er sich ganze Bücher, Wörterlisten oder Zahlenreihen merken kann, wird für ihn zur Sucht. Mit willkürlich herausgesuchten Einträgen aus dem Telefonbuch oder komplexen Zahlenfolgen überrascht er sein Publikum immer wieder. Was er als zehnjähriger Junge begonnen hat, perfektioniert er 20 Jahre später auf der Bühne.